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Brauchen wir eine Fashion Revolution?

Lesedauer ca. 5 Minuten

Heute stinkt es besonders. Jamila drückt ihre Atemmaske dichter ans Gesicht, doch am Brennen der Augen kann sie nichts ändern. Den schwarzen Stoff den sie gerade zu einem Pulli zusammennäht, stinkt nach einem Chemikalien Cocktail. Vor ihr liegen noch 72 Stoffstücke, die darauf warten, zusammengenäht zu werden. Der Kollege fegt durch die Gänge und wirbelt den Staub auf. Erneut muss Jamila stark blinzeln, um ihre Augen wieder befeuchten zu können. Die Hände trocken und rissig. Reden ist hier nicht erlaubt. Ein leichtes Brennen in Hals und Lunge macht ihr bewusst: Lange kann es so nicht mehr weitergehen. Selbst würde sie die Sachen niemals tragen.

Eine weitere von vielen Schweißperlen rinnt Taro von der Stirn. Mit dem Unterarm wischt er sich über das Gesicht, während er die nächste Stoffbahn aus einer der zahlreichen Färbemaschinen zieht.  Die Handschuhe, von Säure zerfressen, geben schon wieder ihren Geist auf, obwohl er sich glücklich schätzen kann, überhaupt welche tragen zu können. Mit seinen 46 Jahren macht ihm die Hitze zu schaffen. Das Atmen fällt Taro mittlerweile sehr schwer. Die Chemikalien riecht er schon gar nicht mehr. Durch die bleibenden gesundheitlichen Schäden weiß er: Lange kann es so nicht mehr weitergehen. Selbst würde er die Sachen niemals tragen.

Asif trennt das Fett vom Leder ehemals heiliger indischer Kühe. Barfuß steht er in der Ledergerberei in der ätzenden Chrom-Brühe und tunkt die Lederfetzen immer wieder unter die Oberfläche um das Leder haltbar zu machen. Versichert ist er nicht. Wenn er durch die Chemikalien krank wird, hungert die gesamte Familie. Eine Atemschutzmaske ist hier völlig überbewertet, denn das Chrom wird nicht nur über die Atemwege, sondern auch über die Haut aufgenommen. Seinem Sohn wünscht er eine Zukunft ohne gesundheitliche Probleme. Doch wenn Asif sich so umschaut weiß er, dass dieser Wunsch utopisch ist. Denn der stinkende verdreckte Fluss, in dem die Chrom-Brühe entsorgt wird, hat gestern wiederholt ein Kind verschluckt. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sein Sohn das nächste Opfer sein wird. Der schmutzigste Ort der Welt macht Asif deutlich: Lange kann es so nicht mehr weitergehen. Selbst würde er die Sachen niemals tragen.

Rana Plaza Unglück in Bangladesch. Der Ursprung für die Fashion Revolution.

Darum!

Wir unterstützen vergiftete Flüsse, weil wir nicht mehr als 10 Euro für ein Basic T-Shirt ausgeben wollen. Wir unterstützen lebenslange Krankheiten und Allergien anderer, weil die Ledertasche super zu diversen Schuhen passt. Wir unterstützen die Bildung von giftigem Chrom VI an unseren eigenen Füßen, weil die Schuhe günstiger sind, als die ohne Leder. Wir unterstützen Kinderarbeit, weil die Kleider perfekt für einen schönen Sommertag sind.

Stopp – So geht es nicht mehr weiter! Es muss sich etwas ändern und deshalb brauchen wir eine Fashion Revolution. Deshalb produzieren wir in Deutschland. Deshalb unterziehen wir uns Vorschriften, um Gesundheit und Zukunft unserer Mitmenschen und Kollegen zu sichern. Daher produzieren wir nur das, was wir wirklich brauchen. Und daher verarbeiten wir nur das, woran keine schmutzigen oder blutigen Hände kleben. Wir machen den ersten Schritt! Doch wenn Fast Fashion weiterhin unterstützt wird, hat Fair oder sogar Slow Fashion keine Chance zu größerer Aufmerksamkeit zu gelangen.

TRIGEMA Mitarbeiter in der Strickerei.

Darum halten wir der Gesellschaft einen Spiegel vor. Besonders während der Fashion Revolution kämpfen wir dafür, Alternativen zu Fast Fashion sichtbarer zu machen. Mode, die die Menschen und die Umwelt achtet, verdient größere Anerkennung – besonders in Zeiten der Klimakrise. Slow Fashion muss den Massenmarkt erreichen und die Fashion Revolution muss größer werden.

Simple Verkaufspsychologie

Wir bewegen uns in einer bedarfsgedeckten Wirtschaft. Schlicht und ergreifend bedeutet das, dass keiner von uns Kleidung dringend benötigt. Auch hinsichtlich der Modetrends, gibt es keinerlei Neues: Jeder Trend war schon einmal da. Kaufen wurde zum reinen Hobby. Daher greifen wir immer wieder zu Schnäppchen; aus dem simplen Grund der Befriedigung.

Ein ehemals teures Produkt für wenig Geld ergattert zu haben, schüttet Endorphine bzw. Glückshormone aus. Genau mit dieser Verkaufspsychologie spielt die Modeindustrie seit Jahren!

Ein Umdenken muss passieren

TRIGEMA Mitarbeiter in der Ausrüstung.

Wenn wir in Deutschland unter denselben Bedingungen wie in Bangladesch oder Indien produzieren würden, würde dann jemand die Kleidung kaufen? Wenn wir Mitarbeiter durch geringen Lohn und unmenschliche Arbeitsbedingungen ausbeuten würden, würde dann jemand die Kleidung kaufen? Und wenn wir kein Hochlohnland wären, verbaler Missbrauch und Barfuß in Chemie zu stehen, an der Tagesordnung wären, würde dann jemand unsere Kleidung kaufen?

TRIGEMA Mitarbeiterin aus der Zuschneiderei

Wir sagen euch ehrlich: Wir glauben ja. Aus dem einfachen Grund, weil sich immer noch zu wenig Menschen damit beschäftigen, wie T-Shirts entstehen. Öffnet als Konsumenten eure Augen! Fragt: Who made my clothes? Fordert Transparenz eines jeden Modelabels. Es ist Zeit für die Fashion Revolution; denn wir wollen wissen, was wir Menschen auf der anderen Seite der Erdkugel antun.

Wenn Unternehmen nicht transparent sind, erfährt niemand die Wahrheit. Vergitterte Fenster, keine Notausgänge und nur ein Feuerlöscher in einem 6-stöckigen Gebäude sind dann völlig normal.

Wir brauchen eine Fashion Revolution …

TRIGEMA Mitarbeiterin in der Näherei.

Und zwar so lange, bis Fair Fashion dieselbe Aufmerksamkeit erhält, wie es Fast Fashion tut. So lange noch Menschenmassen auf eine Eröffnung eines Billigwaren-Shops warten, ist es noch notwendig, diese Fashion Revolution Jahr für Jahr durchzusetzen.

2020 jährt sich die Fashion Revolution zum 6. Mal. Ob es weitere 6 oder 12 Revolutionen braucht, können wir nicht sagen. Eines ist jedoch sicher: Wir werden den Kampf gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen und/oder Chemie-Entsorgung in Flüssen der Erde, nicht aufgeben. Wir leisten Aufklärungsarbeit. Wir bieten Transparenz. Wir bieten Fast Fashion die Stirn. Wir sind die Fashion Revolution. We made your clothes!

TRIGEMA Mitarbeiter bekennen Flagge und sagen: We made your clothes.

In Gedenken an die 1136 Verstorbenen von Rana Plaza und allen weiteren Verstorbenen diverser Textilindustrie-Katastrophen.

Nichts mehr verpassen

Junge Menschen lachen in weißen T-Shirts.

 

Kommentare (7)

  • Uwe Schneider
    am 25. April 2021 um 09:58 Uhr

    Erneut eine Erinnerung, daß wir diese Textilien, welche mit diesen Arbeitsbedingungen und Schadstoffen gefertigt werden nicht kaufen sollten! In letzter Zeit stelle ich vermehrt fest, daß auch Polos und Shirts von gehobeneren Marken aus Fernost und mit der Inschrift Made in China angeboten werden und das zu Preisen wo ich auch ein Trigema- Hemd bekomme. Ein gelbes Polo dieser Art war nach ein paar Mal waschen verbleicht und fuselig. Ein anderes Trigema Polo habe ich zehn Jahre und zig Mal gewaschen und ist immer noch ansehlich.

  • Ilona
    am 25. April 2021 um 09:04 Uhr

    Da ich selber nähe, kaufe ich u.a. keine T-Shirts. Allerdings weis ich nicht, wo die Stoffe herkommen.

  • Beck Regina
    am 24. April 2021 um 18:48 Uhr

    Daher kennt jeder den Grund, warum es besser ist, bei Trigema einzukaufen, zudem ist die Qualität super ist. Bei meinen Besuchen in Flrorida/USA muß ich immer meine Shirts verschenken. Meine Freunde sind seit dem Jahr 2000 Trigema – Fans. LACH

  • Raymond
    am 24. April 2021 um 18:42 Uhr

    Sehr berührender Artikel, der besonders in dieser international werteverfallenden Zeit wachrüttelt und den Blick auf jene armen Menschen richtet, die nicht nur unser Mitgefühl sondern unsere Hilfe verdienen. Eine bemerkenswerte Aufforderung zur kritischen Reflexion des eigenen Konsumverhaltens dargestellt an jenen, die ihre Gesundheit letztlich für unsere Gier zu Markte tragen ! Dieser und ähnliche Artikel sollten im wahrsten Sinne des Wortes „Schule machen“ – Kompliment an Trigema!

    • Bernhard Westermann
      am 27. April 2021 um 15:10 Uhr

      Es ist sehr traurig das Firmen in den Ländern Textilien fertigen lassen wo auf normale Arbeitsbrfingungen nicht geachtet wird man sollte meinen Sklavenhaltung müßige bestraft werden,was ist mit den Politikern los die es wissen wie die Arbeitsbedingungen sind und nicht Unternehmen es ist eine Schande

  • Gerhard
    am 25. Mai 2020 um 23:53 Uhr

    Ergreifend und macht nochmals nachdenklich. Wir müssen wirklich an uns arbeiten und uns die Mühe machen nachzufragen und konsequent sein. Wir als Familie werden uns bemühen, mehr das Ziel zu verfolgen, Qualität statt Quantität.

    • Mike Werner
      am 24. April 2021 um 21:13 Uhr

      Der ausführliche Bericht bringt einen zum Nachdenken und Umdenken. Kaufe schon seit einigen Jahren meine Shirts und Sweatjacken in einem Trigema Testgeschäft. Werde dort prima beraten und der Preis ist auch okay. Unterstütze daher faire Arbeitsbedingungen unsere Arbeitsplätze in Deutschland. Macht weiter so…

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