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Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie – Teil 1

Lesedauer ca. 4 Minuten

„Nachhaltigkeit“, „Fair“ und „Ökologisch“. Immer mehr Produkte werden unter einem Nachhaltigkeitsversprechen angepriesen. Sei es in diversen Online Shops oder durch einen grünen „Hänger“ am Produkt im Einzelhandel. Wie sich ein Produkt als „nachhaltig“ qualifiziert, ist meist ein Rätsel oder zu den Versprechen lassen sich keine handfesten Nachweise auffinden. Fast Fashion Unternehmen, werben mit einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft: Alt-Textilien zu neuen Produkten verarbeiten. Aber geht das überhaupt?

Es geht uns in diesem zweiteiligen Blogbeitrag nicht darum andere Hersteller „schlecht“ zu machen. Slow Fashion erhielt in den vergangenen Jahren mehr Gehör als jemals zuvor. Das finden wir gut und tragen gern dazu bei. Dennoch müssen wir unserem Ärger mal Luft machen: Unternehmen, die in der Fast Fashion Welt zu Hause sind, werben jetzt mit Nachhaltigkeit in Form von Kreislaufwirtschaft!

Was ist Kreislaufwirtschaft?

Uns war bereits vor einigen Jahren bewusst, dass die Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema in der Textilbranche werden wird. Lange bevor dies Thema in den Medien war, lebten wir bei TRIGEMA diese Werte seit der Gründung im Jahre 1919. In Zusammenarbeit mit dem Umweltinstitut EPEA Switzerland entwickelten wir 2006 das erste kompostierbare T-Shirt der Welt, nach dem Cradle to Cradle Prinzip, das erst gar kein Abfall entstehen lässt. Und genau hier setzt der Sinn der Kreislaufwirtschaft an:

Bereits bestehende Materialien und Produkte sollen so lang wie möglich genutzt werden. Damit ist auch das Reparieren und Recyceln von Produkten gemeint. Der Lebenszyklus eines Produktes ist damit verlängert. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, Abfälle auf ein Minimum zu reduzieren oder die gar nicht erst entstehen zu lassen. Die übrigen Ressourcen sollen so weit wie möglich wieder in die Wirtschaft einfließen.

Modell der Kreislaufwirtschaft am Beispiel der Textilindustrie.

Vorteile der Kreislaufwirtschaft

Jährlich rückt der Earth Overshoot Day näher Richtung Jahresbeginn. An diesem Tag hat die Menschheit alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht, die die Erde innerhalb eines Jahres wiederherstellen kann. Im Grunde bedeutet das, dass Ressourcen knapp werden. Wir sollten daher unsere Nutzung von Rohstoffen stark überdenken.

Das Einführen einer Kreislaufwirtschaft würde nicht nur weniger Druck auf die Umwelt bedeuten. Allem voran steht eine erhöhte Rohstoffversorgungssicherheit. Weitere Vorteile wären Förderungen von Innovationen, Wachstum und Arbeitsplätze. Besonders Verbraucher haben längerfristig etwas von ihren Produkten und können so Kosten einsparen: Statt alle zehn Jahre eine neue Waschmaschine kaufen zu müssen, würde sie 20 Jahre halten.

Kleine aber bedeutende Unterschiede

Woran denken wir, wenn ein Produkt als nachhaltig bezeichnet wird? Primär an nachhaltige Rohstoffe oder? Textiles Recycling oder recycelter Anteil ist da schon spezifischer und zielt auf das Wiederverwerten ab, wie es durch die Kreislaufwirtschaft suggeriert ist. Doch was ist der Unterschied zwischen textiles Recycling und recyceltes Garn? Die Begriffe scheinen dasselbe zu bedeuten – tatsächlich aber, sind sie konträrer als wir uns vorstellen können.

Textiles Recycling

Darunter versteht man die Sammlung, Sortierung, Aufbereitung und (wiederholte) Vermarktung von Alt-Textilien. Ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Nicht wiederverwendbare Materialien, die nicht für neue Kleidung geeignet sind, werden zu Putzlappen oder Dämmmaterial in der Automobilindustrie. Alles andere ist Abfall.

Altkleider-Container sind völlig überfüllt.

Eine wichtige Voraussetzung für eine Kreislaufwirtschaft, ist eine hohe Qualität der Produkte. Fast Fashion Unternehmen werben damit, aus alter Kleidung neue zu machen. Betonen wie wichtig es ist, die gesamte Kleidung im Zyklus zu behalten, damit sie wieder und wieder verwendet werden. Daher ja auch die Altkleider-Rückgabeboxen in den Geschäften. Dabei gibt es leider zwei Probleme:

  1. Fast Fashion Bekleidung ist in einem qualitativ minderwertigen Zustand, sodass eine Aufbereitung nicht möglich ist.
  2. 70% der neuen Textilien von Fast Fashion, bestehen aus Kunststofffasern, die schlecht für eine Wiederverwertung geeignet sind.

https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-die-fast-fashion-luege-100.html 

Recyceltes Garn

Recyceltes Garn oder Polyester besteht aus PET Flaschen. Bei bereits 25% recycelter Anteil im Polyesteranteil der Hose, wird ein Produkt bei einem Fast Fashion Unternehmen als „nachhaltig“ ausgeschrieben. Zertifikate, woher das recycelte Polyester kommt, gibt es nicht. Nachweise, dass es sich wirklich um bereits bestehende PET Flaschen handelt und woher die stammen, gibt es kaum.

Aus PET Flaschen wird Garn. Da die Faser aber an Stabilität verliert, werden in der Fast Fashion Industrie Frischfasern zum neuen Textil hinzugefügt.

Der größte Teil von rPET (recyceltes PET) wird durch mechanisches Recycling gewonnen, da es kostengünstiger ist als das chemische Recycling. Durch den mechanischen Prozess verliert die Faser allerdings ihre Festigkeit, daher verarbeitet man zusätzlich Frischfasern.

Ein Kreislauf ist das nicht wirklich. Wir gehen davon aus, dass zwar bereits bestehendes Material verwendet wird (keine Nachweise hierfür), dennoch kann dieses dadurch neu entstandene Produkt wieder nicht in eine Kreislaufwirtschaft eingebunden werden, da es in mangelhafter Qualität besticht.

Die Aktion bestehenden Kunststoff zu verwenden, finden wir gut. Allerdings finden wir es unverantwortlich mit einem Kreislauf und einer Verwertung alter Textilien zu werben. Denn das ist schlichtweg eine Falschinformation.

Wenn sich an der Entwicklung der Produkte, Verarbeitung, Qualität und Produktion nichts ändert, wird auch in Zukunft Green Washing betrieben. Die Industrie umgeht schlichtweg das Kreislaufwirtschaftsgesetz, wenn die Politik keine genauen Forderungen stellt, die über Landesgrenzen hinausgehen.

Die Lösung

Ein Kreislauf bedeutet schlichtweg aus einem Altkleider-Shirt ein neues Shirt zu machen. Lösungsorientiert wären weniger Kollektionen, weniger Trends und vor allem ein zukunftsorientiertes Konzept, das Abfall vermeidet oder gar nicht erst entstehen lässt. Damit einher geht das achtsame Umgehen mit Rohstoffen und Ressourcen. Aber mit einer Verwertung zu werben, der nicht vollzogen wird und werden kann, ist nicht richtig.

Junge Menschen lachen in weißen T-Shirts.

Als Fortsetzung zu diesem Thema gibt es einen zweiten Teil, der sich mit der Verwertung von Abfall als Rohstoff für neue Kleidung beschäftigt. Bleib also auf dem Laufenden und melde Dich zum kostenlosen Newsletter an.

 

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